Dialog mit Flüchtlingen in Norwegen
Die Anti-Flüchtlingspolitik ist auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch, aber wir können diesem Trend entgegenwirken, indem wir Fragen stellen und diejenigen kennenlernen, über denen gesprochen wird.
Norway, Northern Europe
Eine Geschichte von Lene Mortensen. Übersetzt von Veronica Burgstaller
Veröffentlicht am May 12, 2020.
Diese Geschichte ist auch verfügbar in
"Sprich mit uns, sprich nicht über uns und sprich definitiv nicht in unserem Namen."
Das waren die Worte von Rouba Mhaissen, einer Menschenrechtsverteidigerin, die syrischen Flüchtlingen im Libanon hilft. Ihre Worte blieben bei mir. Weltweit werden Diskussionen über Flüchtlinge zunehmend politisiert. Dies zeigt sich in Norwegen, wo Befürworter fordern, dass Norwegen Familien aus Flüchtlingslagern von Griechenland aufnehmen sollte, während rechts-politische Parteien behaupten, dass mehr Migranten auch mehr Flüchtlinge ermutigen würden, nach Europa zu kommen. Als Vermittler für Treffen zwischen norwegischen Studenten und Flüchtlingen glaube ich, dass der Dialog der Schlüssel zur Abschwächung dieser politischen Trends ist. Um die komplexen Situationen von Flüchtlingen besser zu verstehen, ist es wichtig, Raum für Flüchtlinge zu schaffen, wo sie ihre Geschichten erzählen können - zumal die Zahl der Menschen, die Zuflucht suchen, weltweit zunimmt.
Als Lehrer für "Menschenrechte durch Dialog" bei der Rafto Foundation[1] in Bergen, Norwegen, biete ich norwegischen Schülern im Alter von 13 bis 19 Jahren Kurse zu den Themen Menschenrechte und Migration an. Am Ende des Kurses fordere ich meine Schüler heraus, was sie fragen würden, wenn sie einen Flüchtling treffen. Nachdem ich ihren Fragen zugehört habe, verrate ich, dass wir einen Besucher haben: eine Person, die aus ihrem Land fliehen musste und jetzt als Flüchtling in Norwegen lebt. Die Schüler hören sich ihre Geschichte an und beginnen einen Dialog. Sie sind gesprächig und hören mit Interesse zu, was sie zu sagen hat. Der Aufbau von Beziehungen zwischen zwei Fremden durch Dialog ist für die Bürger des Gastlandes von größter Bedeutung, um die Notwendigkeit der Bereitstellung von Zuflucht und der Verteidigung derer Rechte zu verstehen, die ihre Sicherheit verloren haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass das beste Instrument zur Verringerung der Politisierung von Flüchtlingen in Norwegen darin besteht, Dialoge zu ermöglichen, in denen sich Teilnehmer und Flüchtlinge gegenseitig Fragen stellen können. In meiner Klasse habe ich erfahren, dass eine solche Begegnung eine Verbindung zwischen den Schülern und dem Flüchtling herstellt. In dieser Umgebung wird den Schülern eine einzigartige Sichtweise gegeben, die dann neue Perspektiven für Diskussionen außerhalb des Klassenzimmers eröffnet.
Roubas Worte fanden bei mir Resonanz, weil ich sowohl die positiven Auswirkungen beobachtet habe, wenn Flüchtlingen ein Raum gegeben wird, in dem sie ihre Geschichten erzählen können, sowohl als auch die Gefahr die von der im Medienkurs entstandenen Rhetorik stammt, welche die Stimmen von Zuflucht-suchenden Menschen zum Schweigen bringt. Die Anti-Flüchtlingspolitik ist auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch, aber wir können diesem Trend entgegenwirken, indem wir Fragen stellen und diejenigen kennenlernen, über denen gesprochen wird.
Fußnoten
[1] Rafto Foundation ist eine gemeinnützige und unparteiische Organisation, die sich der weltweiten Förderung der Menschenrechte widmet. Den Link finden Sie unter: https://www.rafto.no/
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